Vom Kreis des Lebens und loslassen.
Schon immer hat mich der Kreis des Lebens innerhalb einer Yogastunde fasziniert. Wir stimmen uns ein mit Gesang, beginnen die Stunde mit einer positiven Intention, atmen bewusst, wärmen uns auf und kreieren ein inneres Feuer, in dem sich Schlacken und Negativität auflösen können. Manche Sequenzen muten wie ein fröhlicher Tanz an, andere verlangen uns viel Disziplin ab. Es gibt gute und schlechte Momente, wir begegnen Ängsten und Unsicherheiten, einige überkommen wir, manche brauchen noch einige Stunden mehr. Wir lernen Neues, wiederholen Altes und können immer wieder unseren Geist beobachten, wie er sich konzentriert oder ganz wo anders aufhält. Wie im Leben, so auf der Matte.
Am Ende wartet mit die Entspannung von all den Mühen, die wir auf uns genommen haben, «Savasana», die Totenhaltung. Von ihr rollen wir uns auf die Seite in die Embryo-Haltung – werden wiedergeboren und ein neuer Kreislauf kann beginnen. So habe ich es bisher gesehen.
Ich habe in meiner Yogapraxis schon unzählige Savasanas erlebt. Und war mir immer bewusst, dass dies die Totenstellung ist. Warum sie so heißt, habe ich jedoch erst vor kurzem wirklich verstanden:
Savasana soll uns helfen, uns auf den Tod vorbereiten. Ja schliesslich vielleicht sogar die Angst vor dem Tod zu überwinden.
Im Savasana liegen wir reglos da und entspannen. Dabei können wir den Körper entweder mit autosuggestiven Befehlen in die Tiefenentspannung führen, oder wie bei der spirituelleren Alternative, die Sharon Gannon in ihrem Buch The Magic Ten and Beyond beschreibt, unseren Körper an Gott, das Universum, Lord Siva oder eine höhere Macht, an die wir persönlich glauben, übergeben. Und zwar Stück für Stück.
Diese Erfahrung ist eine ganz andere. Schon beim Übergeben des ersten "Körper-Stücks", den eigenen Zehen, an Gott oder Lord Siva taucht ein beklemmendes Gefühl auf – und zeigt mir, wie sehr ich – Yoga hin oder her – mit dem Körper identifiziert bin.
Wie wird mein Unterbewusstsein das wohl aufnehmen, wenn ich einfach meine Füße, Beine, Hüften verschenke. Bin ich wirklich ein Yogi, wenn ich so viel zweifle?
Das mulmige Gefühl, die Angst nimmt mit jedem Körperteil zu. Dann der erhellende Gedanke, der etwas Entspannung bringt „Irgendwann werde ich ja den Körper eh auf jeden Fall zurückgeben“. Doch die Angst kommt spätestens mit dem Gesicht wieder zurück. Ich entscheide mich, dennoch durchzuhalten, und den ganzen Körper, bis hin zu den Emotionen und Gedanken an etwas Höheres zu verschenken. Und siehe da: die Angst lässt nach. Dann wird alles leichter, der Kreis des Lebens schließt sich und ich lasse los.
Nach gefühlt einer Ewigkeit, real einigen Minuten tauche ich aus tiefster Entspannung wieder auf, rolle mich in die Embryo-Haltung und setze mich von hier aus frisch und erleichtert wieder auf. Einen Schritt weiter auf dem spirituellen Weg und bereit für das nächste Kapitel meines Daseins.
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Entdecke auch du den Kreislauf des Lebens. Live bei einer der Yogaklassen mit Susen Veronica (auf Wunsch auch online). Selbstverständlich inklusive Savasana-Garantie 😉
Grossartiger Text. Werde fortan Yoga sicherlich mit anderen Augen machen ;-) Denn obwohl ich schon sehr lange Yoga praktiziere, war mir das dem Lebenstyklus bisher nicht bewusst. Vielen Dank für die Inspiration 🙂